Cookie Consent by PrivacyPolicies.com
Gesundheitsfonds Steiermark (Hg.). Gesundheitsberichterstattung Steiermark.
21.09.2023

Chancengerechtigkeit

Gleiche Chancen für Gesundheit.

Gesundheit und Gesundheitschancen sind in der Bevölkerung nicht gleich verteilt. Dies ist auf viele verschiedene Einflussfaktoren zurückzuführen, die die Chancen und Risiken für Gesundheit stärken oder schwächen. Diese Ungleichverteilung zeigt sich in vielen Indikatoren wie beispielsweise in der Lebenserwartung, in der subjektiv eingeschätzten Gesundheit, in der Häufigkeit von chronischen Krankheiten, Krebserkrankungen oder psychischen Erkrankungen. Niedriger beruflicher Status, ein geringer Bildungsstand und geringes Einkommen sind dabei wichtige Determinanten für einen schlechteren Gesundheitszustand. Daten zeigen außerdem einen größeren Einfluss von sozioökonomischen Determinanten auf die Gesundheit bei Männern als bei Frauen . Dieser sozioökonomische Status ist aber nicht per se verantwortlich für einen schlechteren Gesundheitszustand. Vielmehr steht der sozioökonomische Status für viele Einflussfaktoren, die selbst wieder die Gesundheit beeinflussen. Durch ein unterschiedliches Ausmaß an förderlichen und schädlichen Faktoren entsteht ein sozialer Gradient in der Gesellschaft, dem entlang sich die relativen Unterschiede im Gesundheitszustand manifestieren. Mit dem sozioökonomischen Status in Zusammenhang stehende Einflussfaktoren sind z.B. materielle Faktoren, psychosoziale und soziale Faktoren oder der gesundheitsbezogene Lebensstil. Diese Faktoren greifen ineinander und beeinflussen sich auch gegenseitig . In diesem Kapitel wird auf Indikatoren eingegangen, die auf den sozialen Gradienten in einer Gesellschaft Bezug nehmen.

In diesem Gesundheitsbericht werden die Indikatoren wo möglich nach Bildung aufgeschlüsselt.
Der Bildungsstand gilt neben Einkommen und Berufsstatus als wichtiger Gradmesser für den
sozioökonomischen Status und kann damit die Ungleichverteilung von Gesundheit und Krankheit
in einer Bevölkerung sichtbar machen.

Verteilung von Einkommen in der Bevölkerung

Die Verteilung des Einkommens in einer Bevölkerung kann mit dem GINI-Koeffizienten gemessen werden. Ein Koeffizient von 0 bedeutet dabei, dass das Einkommen in der Bevölkerung absolut gleich verteilt ist, ein Koeffizient von 100 bedeutet, dass das Einkommen auf eine Einzelperson konzentriert ist . Der GINI-Koeffizient wird österreichweit gemessen und ist im Zeitverlauf relativ stabil geblieben, jeweils etwa 3 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. 2019 lag der GINI-Koefizient in Österreich bei 27,5 %, das Verhältnis der Einkommen zueinander ist in den letzten Jahren relativ kontsant geblieben.

GINI-Koeffizient
für Österreich gesamt und EU-27 bzw. EU-28 für die Jahre 2007-2019
EUROSTAT, EU-SILC; Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark


Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung

Ein weiterer Indikator für den sozialen Gradienten in einer Gesellschaft ist die Armutsgefährdungsquote. Dies ist der Anteil der Bevölkerung, dessen Haushaltseinkommen (inklusive Sozialtransfers) unter der Schwelle von 60 % des Medians des äquivalisierten Haushaltseinkommens liegt. 2018 lag in Österreich die Schwelle für Armutsgefährdung bei einem Jahreseinkommen von 15.105 EUR für einen Einpersonen-Haushalt, dies entspricht einem Monatswert von 1.259 EUR . Um Schwankungsbreiten auszugleichen, wird seit 2018 die Armutsgefährdungsquote auf Bundesländerebene im Durchschnitt der letzten 3 Jahre ausgewiesen. Im Durchschnitt der Jahre 2017–2019 waren in der Steiermark 176.000 Menschen armutsgefährdet, dies entspricht einer Quote von 14 %. Auf Österreichebene wird die Armutsgefährdungsquote auch nach Geschlecht ausgewiesen. Mit 14 % war 2019 ein größerer Anteil von Frauen armutsgefährdet als bei den Männern (12 % ). Im Zeitverlauf ist zu erkennen, dass der Anteil der Frauen immer 2-3 Prozentpunkte über dem Anteil der armutsgefährdeten Männer liegt.

€ 15.105
Jahreseinkommen war 2018 die Schwelle
zur Armutsgefährdung in Österreich.

~ 176.000
Menschen waren 2017-2019 in der
Steiermark armutsgefährdet.

Armutsgefährdungsquote
für die Steiermark und Österreich gesamt für die Jahre 2008-2019; ab dem Jahr 2018 Angabe des Dreijahresdurchschnitts, um Schwankungsbreiten auszugleichen
Statistik Austria (EU-SILC); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark

Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdet sind Personen, deren Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt oder die erheblich materiell depriviert sind oder die in einem Haushalt mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität leben. Personen, die erheblich materiell depriviert sind, können sich bestimmte Güter oder Bedürfnisse für den Haushalt nicht leisten, darunter sind z. B. die Anschaffung einer Waschmaschine, eines Handys oder Fernsehgeräts, eines PKWs, die Begleichung von unerwarteten Ausgaben, Heizkosten oder die Konsumation eines Urlaubs zu verstehen. Eine sehr niedrige Erwerbsintensität bedeutet, dass weniger als 20 % der gesamten möglichen Erwerbsmonate bezogen auf alle erwerbsfähigen Mitglieder des Haushalts (ausgenommen Studierende) ausgeschöpft werden . Im Dreijahresdurchschnitt von 2017–2019 waren in der Steiermark 18 % der Bevölkerung ausgrenzungsgefährdet, dies entspricht 215.000 Personen. Die Steiermark lag damit über dem österreichischen Schnitt von 17 %. Betrachtet man die Daten auf Österreichebene nach Geschlecht, ist zu erkennen, dass 2018 18 % der Frauen und 15 % der Männer von Ausgrenzung gefährdet waren . Im Zeitverlauf ist der Anteil der ausgrenzungsgefährdeten Frauen immer um drei Prozentpunkte höher als der der Männer.

Ausgrenzungsgefährdungsquote
für die Steiermark und Österreich gesamt für die Jahre 2008-2019; ab dem Jahr 2018 Angabe des Dreijahresdurchschnitts, um Schwankungsbreiten auszugleichen
Statistik Austria (EU-SILC); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark

Der Anteil der Haushalte mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität (Ausschöpfung von weniger als 20 % der im Haushalt möglichen Erwerbsmonate) lag im Dreijahresschnitt 2017-2019 in der Steiermark bei 8 %, dies entspricht einer Anzahl von 71.000 Personen.

Haushalte mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität
für die Steiermark und Österreich gesamt für die Jahre 2008-2019; ab dem Jahr 2018 Angabe des Dreijahresdurchschnitts, um Schwankungsbreiten auszugleichen
Statistik Austria (EU-SILC); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark


Working Poor

Als Working Poor werden Personen im erwerbsfähigen Alter bezeichnet, die trotz Erwerbstätigkeit (Vollzeit- oder Teilzeitarbeit über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten im Referenzjahr) armutsgefährdet sind . Der Anteil der Working Poor in der Steiermark liegt im Dreijahresschnitt mit 7 % etwa einen Prozentpunkt unter dem österreichweiten Schnitt, ist aber im Zeitverlauf zwischen 2016-2018 und 2017-2019 um einen Prozentpunkt gestiegen.

Working poor: Armutsgefährdete Personen im Alter von 18-64 Jahren, die während des Referenzjahres länger als ein halbes Jahr Vollzeit oder Teilzeit erwerbstätig waren
nach Geschlecht, Steiermark und Österreich gesamt im 3-Jahresdurchschnitt 2017-2019
Statistik Austria (EU-SILC); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark


Sozial eingeschränkte Bildungsmobilität

Definition Bildungsmobilität: Für die Bildungsmobilität wird der höchste erreichte Bildungsabschluss
einer Person mit dem höchsten Bildungsabschluss der Eltern verglichen.
Der Fokus liegt dabei auf Personen, die keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung
in Anspruch genommen haben .

Für die Bildungsmobilität wird der Anteil der 25- bis 59-jährigen Personen mit maximal Pflichtschulabschluss in Abhängigkeit vom Bildungsstand der Eltern gemessen. Ein „bildungsferner Elternhaushalt“ ist hier mit maximal Pflichtschulabschluss von beiden Elternteilen definiert, in einem „nicht bildungsfernen Elternhaushalt“ hat mindestens ein Elternteil einen über den Pflichtschulabschluss hinausgehenden Bildungsabschluss . In der Steiermark betrug die Pflichtschulquote bei Personen aus bildungsfernen Haushalten im Jahr 2019 21 %, nach Geschlecht betrachtet waren es 14,6 % der Männer und 26,9 % der Frauen. Damit liegt die Steiermark im Bundesländervergleich an dritter Stelle und unter dem österreichischen Schnitt von 24,2 %. Demgegenüber beträgt die Pflichtschulquote bei Steirerinnen und Steirern aus nicht bildungsfernen Haushalten 5,9 % (Männer: 3,9 %; Frauen: 7,6 %). Damit liegt die Steiermark im österreichischen Durchschnitt. Stellt man nun die Anteile der Personen mit maximal Pflichtschulabschluss aus den bildungsfernen und nicht bildungsfernen Haushalten gegenüber, ergibt sich die „sozial eingeschränkte Bildungsmobilität“. Sie entspricht dem Anteil der Personen, die wahrscheinlich aufgrund ihrer bildungsfernen Herkunft in den Bildungschancen beschränkt sind . Die Steiermark liegt hier mit einem Anteil von 15,1 % über dem österreichischen Schnitt von 18,5 %. Der Anteil der steirischen Frauen ist mit 19,2 % fast doppelt so hoch wie bei den steirischen Männern (10,6 %).

Sozial eingeschränkte Bildungsmobilität entspricht der Differenz der Pflichtschulquote von Personen
aus bildungsfernen Haushalten und derjenigen aus nicht bildungsfernen Haushalten.
Sie gibt einen Hinweis auf beschränkte Bildungschancen aufgrund der Herkunft
aus einem bildungsfernen Haushalt .

Sozial eingeschränkte Bildungsmobilität
nach Geschlecht und österreichischen Bundesländern 2019
Statistik Austria (EU-SILC, Personen von 25-59 Jahren, Zahlen gewichtet und hochgerechnet); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark

Der Zeitverlauf seit 2015 zeigt eine Verbesserung der Bildungsmobilität. Aufgrund hoher Schwankungsbreiten in den Daten sind diese nur mit großer Vorsicht zu interpretieren.

Sozial eingeschränkte Bildungsmobilität
nach Geschlecht, österreichischen Bundesländern und Österreich gesamt für die Jahre 2015-2019
Statistik Austria (EU-SILC, Personen von 25-59 Jahren, Zahlen gewichtet und hochgerechnet); Bearbeitung: Landesstatistik Steiermark


Lesekompetenz

Kompetenzen im Lesen und auch im Zuhören sind wichtige Basiskompetenzen und eine wesentliche Voraussetzung zur Entwicklung der individuellen Gesundheitskompetenz. Sie beeinflussen damit essenziell die Chancen für einen guten Gesundheitszustand . Die Ergebnisse der Lesekompetenz zeigen, dass der Bildungsabschluss der Eltern und ein Migrationshintergrund (erhoben mittels Deutsch als Muttersprache) wichtige Einflussfaktoren auf die Lesekompetenz darstellen. So erreichten fast zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler, die Deutsch als Muttersprache haben, den geforderten Standard im Lesen, demgegenüber erreichten ihn nur knapp 30 % derer, die ausschließlich eine andere Muttersprache als Deutsch haben. Etwa drei Viertel der Schülerinnen und Schüler, von denen mindestens ein Elternteil eine universitäre oder andere Ausbildung hat, erreichten den geforderten Standard. Im Gegensatz dazu erreichten den Standard nur knapp ein Drittel derer, von denen die Eltern maximal einen Pflichtschulabschluss haben .