Gesundheitsfonds Steiermark (Hg.) (2021): Gesundheitsbericht für die Steiermark 2020.
www.gesundheitsbericht-steiermark.at – 04.10.2024

Krankheitslast in der Bevölkerung

2.693
Fälle im Jahr 2020 betrafen eine alkoholbezogene Hauptdiagnose bei einer Krankenhausentlassung.
Zur Grafik/Erklärung

2 von 3
der Personen mit einer alkoholbezogenen Diagnose (68,55 %) befanden sich im Alter zwischen 35 und 64 Jahren.
Zur Grafik/Erklärung

Krankenhausentlassungen aufgrund von Alkoholdiagnosen

Aus der Krankenhausentlassungsstatistik wurden folgende alkoholbezogene Hauptdiagnosen
(ICD-10-Codes) aus den Jahren 2017-2020 ausgewertet:

  • Alkoholabhängigkeit (F10.2 F10.3)
  • Alkoholpsychose und sonstige psychische Verhaltensstörungen (F10.4, F10.5, F10.6, F10.7, F10.8, F10.9)
  • Alkoholrausch (T.51, F10.0, F10.1)
  • Alkoholbedingte Erkrankungen des Nerven- / Kreislauf-/ Verdauungssystems (G31.2, G40.5, G62.1, G72.1, I42.6, I85, K29.2, K85.2, K86.0)
  • Chronische Lebererkrankung alkoholbedingt (K70.0, K70.1, K70.2, K70.3, K70.4, K70.5, K70.6, K70.7, K70.8, K70.9)

Im Jahr 2020 wurde in 2.693 Fällen bei einer Krankenhausentlassung eine alkoholbezogene Hauptdiagnose bei einer Steirerin oder einem Steirer gestellt. Es kann dabei allerdings nicht unterschieden werden, ob eine Person öfter einen Krankenhausaufenthalt hatte, oder ob dies immer verschiedene Personen waren.

54 % der Entlassungen bezogen sich auf die Diagnose Alkoholabhängigkeit, 18 % betrafen die Diagnose Alkoholrausch.

Verteilung der Zahl der alkoholbezogenen Krankenhausaufenthalte
nach Hauptdiagnosen, 2020
MBDS; Bearbeitung: EPIG GmbH

In zwei Drittel der Fälle betraf die Diagnose einen Mann.

Die Alkoholabhängigkeit als häufigste vergebene Diagnose wurde regional in Bezug zur Einwohnerzahl gestellt. Am häufigsten wurde die Diagnose demnach in der Versorgungsregion Graz gestellt.

Anzahl der alkoholbedingten Entlassungsdiagnosen je 10.000 EW
nach Geschlecht und gesamt je Versorgungsregion, Daten standardisiert nach Alter und Geschlecht, 2020
MBDS; Bearbeitung EPIG GmbH

2 von 3 der Personen mit einer alkoholbezogenen Diagnose (68,55 %) waren zwischen 35 und 64 Jahre alt. Außer dem Alkoholrausch wurden alle Diagnosen im überwiegenden Ausmaß in dieser Altersgruppe vergeben.

Der Alkoholrausch als Diagnose wurde in knapp der Hälfte der Fälle (49,08 %) bei Personen in einem Alter jünger als 34 Jahre vergeben.

Anzahl der alkoholbedingten Entlassungsdiagnosen je 10.000 EW nach großen Altersgruppen,
nach Geschlecht je Versorgungsregion und Steiermark gesamt, Daten standardisiert nach Alter und Geschlecht, 2017-2020
MBDS; Bearbeitung EPIG GmbH

Im Zeitverlauf seit 2017, werden alkoholbezogene Entlassungsdiagnosen immer in etwa gleich häufig vergeben. Ein teilweise sichtbarer Trend nach unten im Jahr 2020 könnte auf eine verminderte Versorgung bzw. beim Rausch auf eine geringere Anzahl an Fällen aufgrund der Pandemiesituation zurückzuführen sein. Dies wird in den nächsten Jahren zu beobachten sein.

Anzahl der alkoholbedingten Entlassungsdiagnosen je 10.000 EW im Zeitverlauf
nach Geschlecht und gesamt, Daten standardisiert nach Alter und Geschlecht, 2017 - 2020
MBDS; Bearbeitung EPIG GmbH

Daten und Ergebnisse aus aktuellen Umfragen, Berichten bzw. Studien
dienen als fundierte Handlungsgrundlage für Entscheidungsträger*innen
im Gesundheitsbereich und anderen gesellschaftlichen Bereichen.
Wie und ob die Covid Pandemie nachhaltig auf unseren Alkoholkonsum gewirkt hat,
kann zurzeit noch nicht beurteilt werden. Weiteren Beobachtungen und
aktuelle Zahlen sollten jedenfalls in die Entwicklung der Suchthilfeangebote einfließen.


Versichertenstatus von Personen mit einer Alkoholdiagnose

Die Abrechnungsdaten der Österreichischen Gesundheitskasse, Regionalstelle Steiermark für das Jahr 2021 erlauben Rückschlüsse darauf, wie die Last der Alkoholkrankheit nach sozioökonomischen Gesichtspunkten verteilt sein könnte. Diese lassen sich aus dem Versicherungsstatus von Personen, ableiten für die aufgrund eines stationären Aufenthaltes, eines Krankenstandes oder aufgrund einer spezifischen Heilmittelverschreibung Leistungen mit der Sozialversicherung abgerechnet wurden. Daten aus dem niedergelassenen Bereich sind in dieser Auswertung nicht enthalten.

Insgesamt wurden 2.498 Fälle ausgewertet. Personen die „nur“ mit der Diagnose Alkoholrausch (ohne zusätzliche weitere alkoholbezogene Diagnose) aufscheinen (470 Fälle; 18,81 % der gesamten Fälle), wurden aus dieser Auswertung ausgeschlossen. Denn ein einzelner Alkoholrausch kann nicht zwangsläufig mit chronischer Alkoholkrankheit gleichgesetzt werden kann.

Die Diagnose Alkoholrausch wurde in 574 Fällen behandelt. In 4 von 5 dieser Fälle (470 Fälle) wurde die Einzeldiagnose Alkoholrausch (nur Alkoholrausch, ohne zusätzliche andere alkoholbezogene Diagnosen) gestellt. Von diesen 470 Fällen war jede 2. Person jünger als 25 Jahre. Insgesamt waren zwei Drittel dieser Patient*innen jünger als 35 Jahre. 60 % der Personen mit Alkoholrausch waren männlich, knapp 40 % weiblich. Nach Versicherungsstatus betrachtet, waren Personen, die mit der Einzeldiagnose Alkoholrausch stationär eingeliefert wurden oder sich im Krankenstand befanden, in 44 % der Fälle erwerbstätig. Weitere 22 % waren mitversichert, was auf junge Menschen schließen lässt.

Von den 2.028 Fällen mit einer alkoholbezogenen Diagnose betrafen 64 % der Fälle Männer, 36 % Frauen. Nach Versicherungsstatus betrachtet, befand sich etwa ein Drittel der Patient*innen in Pension, jeweils etwa ein Viertel war erwerbstätig oder arbeitslos.

Versichertenstatus von Personen mit einer alkoholbezogenen Diagnose (ohne Alkoholrausch)
2021
Abrechnungsdaten der Österreichischen Gesundheitskasse, Regionalstelle Steiermark (FOKO), Versichertenstatus im 4. Quartal 2021; Bearbeitung ÖGK, Regionalstelle Steiermark

Diese Daten wurden weiters danach betrachtet, wie groß im 4. Quartal des Jahres 2021 der Anteil der Versicherten war, der von der Rezeptgebühr befreit war, nämlich jede 4. Person (26 %). Die folgende Ansicht zeigt die Anteile der Personen mit Rezeptgebührenbefreiung nach Versichertenstatus:

Anteile der Personen mit Rezeptgebührenbefreiung im 4. Quartal 2021 nach Versichertenstatus von Personen mit einer alkoholbezogenen Diagnose (ohne Alkoholrausch)
2021
Abrechnungsdaten der Österreichischen Gesundheitskasse, Regionalstelle Steiermark (FOKO), Versichertenstatus im 4. Quartal 2021; Bearbeitung ÖGK, Regionalstelle Steiermark


Alkohol und Schwangerschaft

In der Schwangerschaft kann Alkoholkonsum der Mutter beim ungeborenen Kind schwere Schäden auslösen. Diese werden unter dem Oberbegriff der Fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) zusammengefasst. Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) entspricht dem Vollbild dieser Störungen, weiters gibt es das partielle Fetale Alkoholsyndrom (pFAS), die alkoholbedingte entwicklungsneurologische Störung sowie alkoholbedingte angeborene Malformationen.

Ein voll ausgebildetes FASD ist gekennzeichnet durch

  • Wachstumsstörungen
  • Auffälligkeiten des Gesichtes
  • funktionelle und strukturelle Auffälligkeiten des Zentralen Nervensystems
  • Alkoholkonsum der leiblichen Mutter (während der Schwangerschaft)

Die Erfassung des Alkoholkonsums der Mutter während der Schwangerschaft (vor allem auch im Nachhinein, um eine Diagnose zu stellen) ist sehr schwierig. Zum einen wird während der Betreuung der Schwangeren nicht immer explizit danach gefragt, um das Vertrauen der Schwangeren nicht zu verlieren. Zum anderen werden von Schwangeren eher sozial erwünschte Antworten bezüglich eines Alkoholkonsums gegeben. Viele Kinder mit FASD leben in Adoptiv -oder Pflegefamilien, und so ist die Information über das Trinkverhalten der leiblichen Mutter während der Schwangerschaft nicht immer verfügbar.

In Graz wurde 2022 zum Störungsbild der FASD eine Selbsthilfegruppe gegründet,
die im Besonderen für Pflege- und Adoptivfamilien offen ist.

Welche Alkoholmenge die Entwicklung eines FASD begünstigt, ist nicht abschließend bestimmt. Ab einer Menge von 120 g Alkohol pro Woche (entspricht etwa 1 Krügerl Bier pro Tag) wurden signifikante Abweichungen der Gewichts- und Längenmessung bei Neugeborenen festgestellt. Sicher erscheint, dass chronischer Alkoholkonsum das Risiko erhöht, ein Kind mit FASD zu gebären. Beim Konsum im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel besteht dieses Risiko im Besonderen.

Die Prävalenz eines FASD in der westlichen Welt wird auf etwa 0,1 % aller Geburten geschätzt. Dies würde einem Tausendstel der in einem Jahr stattfindenden Geburten oder 1 Fall je 1.000 Geburten entsprechen .

Es gibt zwei Diagnose-Codes, die sich mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft
und dessen Auswirkungen auf das Ungeborene befassen:

  • Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) Schädigung des Fetus durch Alkohol: O35.4
  • Alkohol-Embryopathie (mit Dysmorphien): Q86.0

Eine Auswertung für die Steiermark für diese Diagnosen ergibt zwischen 2017 und 2020
für den gesamten Zeitraum eine absolute Fallzahl kleiner 5.


Alkohol und häusliche Gewalt

Negative Auswirkungen durch die Folgen von schädlichem Alkoholkonsum treten auf verschiedenen Ebenen (körperlich, sozial, ökonomisch, etc.) nicht nur für die betroffenen konsumierenden Personen auf. Auch die Auswirkungen auf andere Personen sind wichtige zu berücksichtigende Aspekte. Gewalt im häuslichen Umfeld ist ein Problem, das durch Alkoholkonsum verstärkt auftreten kann. Zahlen dafür werden z.B. in Bevölkerungsbefragungen erhoben.

In der GPS-Befragung wird nach der Art der Probleme gefragt,
die andere Personen aufgrund ihres Alkoholkonsums verursachen.
Die Sorge um die trinkende Person steht hier zwar an erster Stelle,
aber schon an zweiter Stelle wird in rund einem Drittel der Fälle die
verbale Aggressivität genannt, Körperliche Aggressivität wird von rund 15 % der Personen,
die diese Frage beantworteten, als Folgeproblem des Alkoholkonsums angegeben.

Alkoholabhängigkeit verursacht vielfältige Probleme in Beziehungen und Familien.
Daher soll ab frühestem Kindesalter bis ins hohe Alter sachlich und altersadäquat über
die Substanz Alkohol informiert werden. Ein verstärktes Augenmerk sollte auf suchtbelastete
Familien und Beziehungen gelegt werden.

Für die Steiermark werden Zahlen zu Gewaltdelikten über das Gewaltschutzzentrum Steiermark erhoben. Zahlen zu Gewaltdelikten wurden im Gesundheitsbericht 2020 publiziert. In welchem Ausmaß Alkohol bei der Ausübung von Gewalt ein beteiligter Faktor war, wird dort für die inhaltliche Klient*innen-Arbeit dokumentiert. Aus Datenschutzgründen werden diese Informationen jedoch nicht statistisch erhoben und stehen daher für eine Berichterstattung nicht zur Verfügung.

Von der European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) wird regelmäßig eine EU-weite Umfrage zu Gewalt gegen Frauen durchgeführt. Österreich war bei der letzten Umfrage 2014 beteiligt. Ergebnisse zeigen, dass regelmäßiger Alkoholkonsum bis zur Betrunkenheit ein Risikofaktor für häusliche Gewalt ist. Jedoch wirken sich Konsummuster in Europa unterschiedlich aus. Daten zu Alkoholbeteiligung bei Gewaltdelikten sind generell schwer verfügbar und werden kaum systematisch erhoben. Es wird im Bericht der FRA daher gefordert, dass gleich wie im Straßenverkehr bei Amtshandlungen der Alkoholkonsum erhoben werden sollte, wenn es um häusliche Gewalt geht.
Derzeit wird die Befragung wieder durchgeführt, die Ergebnisse werden für 2023 erwartet.

zuletzt aktualisiert am: 29.09.2022