Essstörungen
Essstörungen treten bei Frauen und Mädchen um ein Vielfaches häufiger auf als bei Männern und Burschen. Auf dieser Seite finden Sie Zahlen zu Krankenhausaufenthalten und ambulanten Betreuungen aufgrund von Essstörungen.
Essstörungen sind psychosomatische Erkrankungen. Sie sind durch Verhaltensstörungen rund um das Essen gekennzeichnet. Sie können langfristige körperliche oder psychische Schäden verursachen . So kann es zu bleibenden Schäden an Organen, zu Herzproblemen oder zu Depressionen bis hin zu Selbstmordversuchen kommen. Das Sterberisiko von Personen mit der Diagnose Anorexie ist im Vergleich zu Personen der gleichen Altersgruppe um das Fünffache erhöht . Die Mortalitätsrate von Anorexie ist damit die höchste von allen psychischen Erkrankungen. Auch Bulimie und das Binge-Eating-Syndrom zeigen in Studien erhöhte Sterberaten .
Die verschiedenen Arten der Essstörungen lassen sich in Magersucht (Anorexie), Ess-Brech-Sucht (Bulimie), Essattacken mit Kontrollverlust (Binge-Eating-Disorder) und in „nicht näher bezeichnete Essstörungen“ unterteilen. Weitere Unterformen sind z.B. Orthorexia nervosa, Sportanorexie/-bulimie oder das Night-Eating-Syndrom .
Anzeichen, die auf eine Essstörung hindeuten können, sind z.B.
- Die Gedanken drehen sich ständig um Essen oder Nichtessen,
- Kalorienzählen, tägliches oder mehrmals tägliches Wiegen, Sorgen um die Figur oder das Aussehen,
- Verlust des Hunger- oder Sättigungsgefühls,
- seelisches Unwohlsein,
- kein Interesse an Dingen, die früher Spaß gemacht haben.
- Weitere Anzeichen können Sie hier nachlesen.
Geschlechts- und Altersunterschiede bei Essstörungen
Die Diagnose einer Essstörung wird viel häufiger bei Frauen und Mädchen als bei Burschen und Männern gestellt. Dies trifft im Besonderen auf die Diagnosen Anorexie und Bulimie zu. Die meisten Betroffenen erkranken in einem Alter zwischen 15 und 35 Jahren. Männer sind im Vergleich zu anderen Essstörungs-Diagnosen etwas häufiger von der Binge-Eating-Disorder betroffen. Zusätzlich könnte es sein, dass betroffene Männer sich verhältnismäßig seltener als Frauen in Behandlung begeben .
Ganzheitliches Denken im Umgang mit Essstörungen
Neben Angehörigen und Zugehörigen sind für das Erkennen von Essstörungen auch Ärzt*innen im niedergelassenen Bereich wichtig (z.B. Allgemeinmedizin, Zahnmedizin, Kinder- und Jugendmedizin, Frauenheilkunde). Sie können auf unspezifische Symptome wie Veränderungen des Gewichts, Ausbleiben der Menstruation , Zahnschäden, nicht näher erklärbare gastrointestinale Probleme, exzessive Sportbetätigung, Ausdruck der Sorge bezüglich des Essverhaltens oder Wachstumsverzögerungen im Kindes- und Jugendalter reagieren . Viele weitere Berufsgruppen, Akteur*innen und Fachkräfte sind wichtige Multiplikator*innen in verschiedenen Bereichen des Lebens, die durch ein frühzeitiges Erkennen und Reagieren Betroffene unterstützen können. Dazu zählen neben Ärzt*innen auch Diätolog*innen, Psychotherapeut*innen sowie Pädagog*innen, Pflegepersonen, Jugendarbeiter*innen, Sozialarbeiter*innen und viele mehr, die mit Sensibilisierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erreicht und unterstützt werden sollen .
Die Einrichtungen, die in der Steiermark zum Thema Essstörungen arbeiten, sind im „Steirischen Netzwerk Essprobleme “ vernetzt, welches vom Frauengesundheitszentrum Graz koordiniert wird.
Die Prävention von Essstörungen beginnt schon im Kleinkind- und Volksschulalter. Wichtig ist in diesem Alter, die kritische Betrachtung von Schönheits- und Körpernormen zu stärken und insgesamt Lebenskompetenzen zu fördern.
Die Therapie von Essstörungen erfolgt im niedergelassenen oder ambulanten Bereich oder im stationären Setting. In der Steiermark wurde mit LeLi – Tageszentrum für Menschen mit Essstörungen ein Angebot geschaffen, das den Übergang vom stationären Aufenthalt hin zur Betreuung zu Hause erleichtern bzw. einen stationären Aufenthalt möglichst hinauszögern soll.
Eine Verhaltensstörung, in der Betroffene sich in extremem Ausmaß mit der Muskelmasse ihres Körpers beschäftigen, ist die „Muskelsucht“ . Schätzungen in Deutschland gehen davon aus, dass etwa 1 % der Bevölkerung betroffen ist, Männer häufiger als Frauen. Damit verbunden können Diätpläne sein, die auf Muskelzuwachs abgestimmt sind und in ein gestörtes Essverhalten münden können. Zusätzlich werden möglicherweise auch Muskelpräparate oder missbräuchlich Medikamente eingenommen, um das Muskelwachstum zu fördern .
Informationen zur Sporternährung für Jugendliche finden sich in einer Broschüre des Gesundheitsfonds Steiermark. Auch auf der Website von feel-ok können Informationen zu Ernährung und Sport oder zu Proteinpräparaten abgerufen werden.
Krankenhausaufenthalte aufgrund von Essstörungen
Im Folgenden werden die Krankenhausaufenthalte aufgrund der unter der Gruppe „Psychische Verhaltensstörungen“ gelisteten Essstörungs-Diagnosen (F50.0-9) analysiert .
In den ausgewerteten Jahren gibt es jeweils vereinzelte Fälle von Essstörungen, die im (Klein-)Kindesalter bis 10 Jahre beobachtet wurden. Dabei handelt es sich vorrangig um „sonstige Essstörungen“ oder „nicht näher bezeichnete Essstörungen“ (F.50.8-9). Diese Einzelfälle wurden nicht in die Analyse mit einbezogen.
2022 wurden in der steirischen Bevölkerung 236 Krankenhausaufenthalte von Patient*innen ab 10 Jahren mit einer Essstörung als Hauptdiagnose gezählt. 222 Fälle (94,1 %) entfielen auf Mädchen und Frauen, 14 Krankenhausaufenthalte betrafen Männer oder Burschen. Im Folgenden werden die Krankenhausaufenthalte der Frauen und Mädchen im Detail betrachtet.
Die 222 Fälle entsprachen 3,84 Fällen je 10.000 steirischen Frauen und Mädchen. Nach Altersgruppen betrachtet, hatten die Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 bis unter 20 Jahren mit 36,74 Fällen (103 Krankenhausaufenthalte) und die Mädchen von 10 bis unter 15 Jahren mit 20,31 Fällen (55 Krankenhausaufenthalte) je 10.000 Personen der jeweiligen Altersgruppe am häufigsten einen Krankenhausaufenthalt aufgrund einer Essstörung.
Im Jahr 2022 erfolgten in der Altersgruppe der Mädchen und Frauen von 10 bis 19 Jahren insgesamt 1.417 stationäre Aufenthalte aufgrund einer Diagnose im Bereich der Psychischen und Verhaltensstörungen. Die Aufenthalte aufgrund einer Essstörung machten davon 11,2 % aus.
Abb. 624: Anzahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Essstörungen.
Nach Altersgruppen und Steiermark gesamt, 2022
Daten je 10.000 Mädchen und Frauen der jeweiligen Altersgruppe; Grundgesamtheit: n = 222
Abrechnungsdaten der Krankenanstalten (K-Dok); Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Im regionalen Vergleich sah man im Jahr 2022 höhere Diagnosezahlen in der östlichen Obersteiermark und Oststeiermark. Diese beiden Versorgungsregionen zeigen auch im Zeitverlauf etwas höhere Zahlen als im steirischen Schnitt. Insgesamt zeigt der Zeitverlauf tendenziell leicht steigende Werte, die jedoch 2022 wieder etwas zurückgehen und regional teilweise schwanken.
Abb. LK4MF: Anzahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Essstörungen.
Nach steirischen Versorgungsregionen, 2022
Daten standardisiert nach Alter je 10.000 Mädchen und Frauen; Grundgesamtheit: n = 222
Abrechnungsdaten der Krankenanstalten (K-Dok); Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Abb. 625: Anzahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Essstörungen.
Nach steirischen Versorgungsregionen und Steiermark gesamt, 2022
Daten standardisiert nach Alter je 10.000 Mädchen und Frauen
Abrechnungsdaten der Krankenanstalten (K-Dok); Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Klient*innen mit Hauptbetreuungsschwerpunkt Essstörungen in ambulanten Suchthilfeeinrichtungen
In der Steiermark werden vielzählige Angebote für Menschen mit Essstörungen von der Suchtkoordination des Gesundheitsfonds Steiermark gefördert. Ambulante Einrichtungen der Suchthilfe betreuen in der Steiermark Personen, die von Essstörungen betroffen sind.
Die folgenden Auswertungen erfolgten aus dem steirischen Fördercontrolling „Sucht“, das seit 2020 Daten aus dem Bereich der ambulanten Suchthilfeeinrichtungen liefert. Nicht immer können alle Daten der Klient*innen (Geschlecht, Alter, oder Wohnort) durchgehend angegeben werden, weshalb sich in Detailauswertungen teilweise unterschiedliche Grundgesamtheiten ergeben.
Im Jahr 2022 wurden 505 Personen aufgrund des Hauptbetreuungsschwerpunktes Essstörungen in einer ambulanten Suchthilfeeinrichtung betreut. 469 Personen waren weiblich (7,41 je 10.000 Frauen), 36 männlich (0,58 je 10.000 Männer). Die folgenden Detailauswertungen erfolgten mit den Daten der weiblichen Klienten.
Von 441 Frauen war das Alter bekannt. Über die Hälfte der Fälle stammt aus der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen (24,72 Fälle je 10.000 Frauen dieser Altersgruppe), ein weiteres Viertel sind Frauen im Alter zwischen 30 und 44 Jahren (9,59 Fälle je 10.000 Frauen dieser Altersgruppe).
Abb. 626: Anzahl der Klientinnen mit Hauptbetreuungsschwerpunkt Essstörungen in ambulanten Suchthilfeeinrichtungen.
Nach Altersgruppen und Steiermark gesamt, 2022
Daten je 10.000 Mädchen und Frauen
Fördercontrolling Sucht; Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Im regionalen Vergleich wurden Mädchen und Frauen aus der Versorgungsregion Graz mit 8,92 Fällen je 10.000 Frauen am häufigsten betreut, in der westlichen Obersteiermark mit 1,3 Klientinnen je 10.000 Frauen die wenigsten. Im Zeitverlauf ist in der Steiermark gesamt ein leicht steigender Trend in der Zahl der betreuten Fälle zu erkennen.
Abb. LK5MF: Anzahl der Klientinnen mit Hauptbetreuungsschwerpunkt Essstörungen in ambulanten Suchthilfeeinrichtungen.
Nach steirischen Versorgungsregionen, 2022
Daten standardisiert nach Alter
Fördercontrolling Sucht; Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Abb. 627: Anzahl der Klientinnen mit Hauptbetreuungsschwerpunkt Essstörungen in ambulanten Suchthilfeeinrichtungen.
Nach steirischen Versorgungsregionen für die Jahre 2020-2022
Daten standardisiert nach Alter
Fördercontrolling Sucht; Berechnung und Darstellung: EPIG GmbH
Neben dem LeLi-Tageszentrum für Menschen mit Essstörungen waren 2022 die Einrichtungen b.a.s., Drogenberatung Steiermark, PSN Liezen und die Suchtberatung Obersteiermark mit der Betreuung von Klient*innen mit Essstörungen befasst.
Aktualisiert am 06.06.2024